Erster Warnstreik bei HQM in Massen

Die Belegschaft bei HQM in Massen will endlich einen fairen Lohn

15.11.2023 | Mit einem zweistündigen Warnstreik haben die Beschäftigten beim HQM in Massen am 15. November 2023 ein unmissverständliches Signal in Richtung ihres Arbeitgebers gesendet: Wir lassen uns nicht länger hinhalten und wollen ab 1. Januar nächsten Jahres 400 Euro mehr Entgelt pro Monat und zukünftig auch Urlaubsgeld.

Während des Warnstreiks bei HQM in Massen am 15. November stand die Produktion für zwei Stunden komplett still. - Fotos: Volker Wartmann

Die Kolleginnen und Kollegen demonstrieren ihren Unmut über ihre schlechte Bezahlung lautstark.

Paul Rothe von der IG Metall Südbrandenburg prangert die Tatenlosigkeit der Geschäftsführung an.

An dem Warnstreik beteiligen sich sämtliche Beschäftigte der Früh- und der Spätschicht.

Geballte Frauenpower beim Warnstreik bei HQM in Massen.

Der Betriebsratsvorsitzende Niels Riemann (links) gibt einem örtlichen Pressevertreter ein Interview.

Daumen hoch für mehr Geld.

Der Betriebsratsvorsitzende Niels Riemann (links) und Paul Rothe (rechts) von der IG Metall Südbrandenburg freuen sich über die große Beteiligung der Beschäftigten am Warnstreik.

Während des Warnstreiks bei HQM in Massen ist es zeitweise sehr laut.

Metaller Michael Bock (rechts) vom benachbarten Drahtwerk Voestalpine richtete den Warnstreikenden solidarische Grüße seiner Kolleginnen und Kollegen aus.

Paul Rothe (2. von rechts) erläutert Kollegen das weitere Vorgehen der IG Metall.

Zwei Kollegen klatschen sich ab: Das war ein eindrucksvoller Warnstreik.

Auch der Wettergott steht Mitte November auf der Seite der Warnstreikenden.

Die Belegschaft war bei heiterem Herbstwetter zwischen 13.00 und 15.00 Uhr vor das Werktor gekommen. Die Frühschicht beendete ihre Arbeit an diesem Tag eine Stunde früher, die Spätschicht begann ihre Schicht eine Stunde später. Im Werk stand die Produktion während dieser Zeit komplett still. Alles andere als still es vor dem Werk: Das lautstarke Tröten, Pfeifen und Rasseln der empörten Beschäftigten war weithin hörbar.

„Herzlich willkommen zu eurem ersten Warnstreik“, sagte Paul Rothe, Politischer Sekretär der IG Metall Südbrandenburg, zu Beginn seiner Ansprache an die Kolleginnen und Kollegen. „Dass ihr alle vors Tor gekommen seid, ist ein deutliches Signal in Richtung eurer Geschäftsführung: Wir lassen uns hier nicht länger hinhalten.“

Rothe erinnerte daran, dass die IG Metall-Mitglieder im Betrieb bereits Mitte 2019 beschlossen hatten, dass die IG Metall den Arbeitergeber zu Tarifverhandlungen auffordern soll. Der Einstieg in die Verhandlungen wurde jedoch durch die Corona-Pandemie erschwert. „Während dieser Zeit haben wir uns sehr zurückgehalten und mit viel Fingerspitzengefühl agiert“, so Rothe.

Durch Abschluss eines Haustarifvertrages im Sommer 2021 sei endlich eine erste Tarifbindung gelungen, so Rothe. Mit der Geschäftsführung wurde vereinbart, bis Juli 2022 eine Tabelle auf Basis der Eingruppierung der Arbeitsplätze zu erstellen. Bereits ab Januar 2022 sollte es zudem eine erste Entgelterhöhung von 100 Euro monatlich geben.

Allerdings bat der Arbeitgeber in den folgenden Monaten und Jahren wiederholt um Verschiebungen der getroffenen Vereinbarungen. „Wir waren lange rücksichtsvoll und sind dem Arbeitgeber entgegengekommen“, so Rothe. „Aber als er bei der letzten Verhandlungsrunde zum Thema Entgelttabelle in der vergangenen Woche wieder nur sagte: „Über Geld brauchen wir nicht reden, Geld habe ich nicht“, haben wir gesagt: Jetzt ist hier Schluss!“

Rothe weiter: „Alles ist in den vergangenen anderthalb Jahren erheblich teurer geworden. Wir wollen jetzt endlich einen ordentlichen Schluck aus der Lohnpulle. Die Zeiten der Ticketplus-Karten als Lohnersatz sind vorbei. Wir fordern als ersten Schritt eine Erhöhung der Grundvergütung in Höhe von 400 Euro monatlich. Außerdem wollen wir die Einführung eines zusätzlichen Urlaubsgelds.“

„Die Mannschaft ist mit ihrer Geduld am Ende“, sagte Metaller und Betriebsratsvorsitzender Niels Riemann. „Darum sind wir heute alle gemeinsam vor dem Tor, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Belegschaft ist kollegial und solidarisch. Es streiken sogar die Kollegen mit, die demnächst in Rente gehen.“

„Von uns wird immer Flexibilität gefordert, im Gegenzug erhalten wir dafür aber nichts“, so Riemann. „Wir hoffen, dass die Geschäftsführung nach unserem Warnstreik heute versteht, dass wir es sehr ernst meinen: Wir wollen jetzt endlich mehr Geld.“

Zu einem Solidaritätsbesuch waren Beate Paukisch, Betriebsratsvorsitzende vom HQM-Werk in Tröbitz und Metaller Michael Block vom benachbarten Drahtwerk Voestalpine vorbeigekommen. „Wir Kolleginnen und Kollegen vom Drahtwerk stehen solidarisch hinter euch“, sagte Michael Bock. „Es ist richtig, dass ihr hier draußen vor dem Tor seid. Nur mit solchen Arbeitskampfmitteln können wir gemeinsam etwas erreichen. Diese Erfahrung haben wir auch bei uns im Drahtwerk gemacht. Dort haben wir Anfang der 10er Jahre auch für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt. Dadurch konnten wir bei uns einen Tarifvertrag durchsetzen, der an den Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg angelehnt ist.“

Hintergrund: Bei HQM in Massen produzieren rund 70 Beschäftigte im Drei-Schicht-System Bremsleitungen für die Automobilindustrie. Das Stundenentgelt ist nicht weit entfernt vom gesetzlichen Mindestlohn.

 

Von: vw

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